28./29.06.2024, Winterthur, Stadion Deutweg
Eine Enttäuschung und zwei persönliche Bestleistungen für die LGKE
Zum 50-jährigen Jubiläum ihres Bestehens empfing die LV Winterthur die besten Leichtathlet*innen der Schweiz zu den Titelkämpfen auf der Sportanlage «Deutweg». Wie auch schon bestritten die 16 besten Zehnkämpfer und Siebenkämpferinnen ihre Meisterschaften gleichzeitig mit den Spezialist*innen. Von der LGKE hatten sich die U23 Mehrkämpferin Anna Huber (Siebenkampf), Marina Müller (Dreisprung) und zum ersten Mal auch der U20 Athlet Cedric Dal Balcon (400m Hürden) qualifiziert.
Fünf Wochen nach ihrem erfolgreichen Siebenkampf in Landquart, wo eine schmerzhafte Ellbogenverletzung eine klare, neue Bestleistung verhindert hatte, bestritt Anna ihren zweiten Mehrkampf. Aber schon die Vorbereitung stand leider unter keinem guten Stern. Einerseits beeinträchtigte eine leichte Oberschenkelzerrung, erlitten in der Woche nach dem Wettkampf in Landquart, das Sprint- und Sprungtraining, andererseits liess die Ellbogenverletzung nach wie vor kein Speerwerfen zu. Trotzdem versuchte Anna, das Beste aus der Situation zu machen und gewisse Trainings verliefen durchaus vielversprechend. Am frühen Freitagnachmittag stand die erste Disziplin, der 100m Hürdenlauf, auf dem Programm. Bei leichtem Gegenwind startete Anna gut und konnte bis zur fünften Hürde mit der Konkurrenz mithalten. Auf der zweiten Streckenhälfte, sonst eigentlich Annas Stärke, machte sich die fehlende Spritzigkeit und Tempohärte bemerkbar und sie verlor noch etwas an Terrain. Mit 14.64s büsste sie beinahe vier Zehntelsekunden auf ihre p.B. ein und konnte damit nicht zufrieden sein. Zum anschliessenden Hochsprung trat Anna aber dennoch zuversichtlich an, hatte sie doch in den letzten Techniktrainings stets überzeugen können. Aber auch hier wurde deutlich, dass sie sich noch nicht in Bestform befand. Über 1.62m ging es noch im dritten Versuch, aber auf 1.65m fiel die Latte leider dreimal. Danach wollte Anna die verpassten Punkte aus den ersten beiden Disziplinen mit einem gelungenen Kugelstossen wettmachen, riskierte viel und verlor alles... Bei allen drei Versuchen trat Anna über den Balken, konnte sich keine gültige Weite und somit auch keine Punkte gutschreiben lassen. Nach dieser erneuten Enttäuschung und ohne Aussicht auf eine befriedigende Gesamtpunktzahl entschieden Anna und ihr Trainerteam, den Wettkampf aufzugeben.
Vor einem Jahr hatte Cedric zum ersten Mal an den U20 Schweizer Meisterschaften in Lausanne teilgenommen und mit 58.66s im Final über 400m Hürden eine feine Bestzeit herausgelaufen. In diesem Frühjahr gelang ihm beim Meeting in Bern eine weitere Steigerung auf 57.58s, womit er zum ersten Mal die Limite für die Meisterschaften der Aktiven unterbot. Obwohl Cedric seit Saisonbeginn immer wieder mit schmerzhaften Knochenhautentzündungen an beiden Schienbeinen zu kämpfen hatte, gelang es ihm in Winterthur erneut, am wichtigsten Wettkampf eine neue Bestleistung aufzustellen. Unmittelbar nach dem Lauf zeigte sich Cedric aber gar nicht zufrieden. Weil er, zusätzlich motiviert durch die tolle Stimmung auf dem Deutweg, das Rennen deutlich schneller angegangen war als üblich, passte sein gewohnter Schrittrhythmus auf die erste Hürde nicht und er überquerte nicht nur diese, sondern mehrere Hürden mit dem falschen Vorschwungbein. Daraus resultierte kein runder, flüssiger Lauf sondern eher ein Kampf auf Biegen und Brechen. Die an sich schon brutal harten 400m Hürden kosteten so natürlich noch mehr Kraft und schliesslich trat Cedric auf der Zielgeraden voll in die letzte Hürde hinein. Nur mit grösster Mühe konnte er einen Sturz vermeiden und rettete sich, völlig ausgepumpt, in ausgezeichneten 56.97s ins Ziel. Wenn mit einem so verkorksten Lauf eine solch gute Zeit möglich ist, dürfte für Cedric in Zukunft noch einiges mehr drinliegen. Und mit ein wenig Abstand wird Cedrics Freude über diese neue Bestleistung das schlechte Gefühl nach dem Lauf bestimmt verdrängen.
Eine Reise ins Ungewisse war für Dreispringerin Marina diese Schweizer Meisterschaft in Winterthur. Sie war gut in die Saison gestartet und am Pfingstwochenende mit 11.82m nahe an ihre Freiluftbestleistung herangekommen. Danach begannen allerdings, wie leider schon so oft in den vergangenen Jahren, die Probleme in der linken Wade und mit der Achillessehne. Ende Mai hatte sie in St. Gallen ihren letzten Wettkampf bestritten und danach auch im Training keine Sprünge absolvieren können. Erst eine Woche vor der SM waren die Schmerzen soweit abgeklungen, dass nach einem kurzen Techniktraining grünes Licht für Winterthur gegeben werden konnte. Obwohl die Voraussetzungen keineswegs optimal waren, gelang es Marina ausgezeichnet, sich auf den Wettkampf einzustellen. Das Finale der besten acht Springerinnen erreichen und endlich auch im Freien die 12m Marke übertreffen, lauteten ihre recht hoch gesteckten Ziele. Bei ausgezeichneten äusseren Bedingungen traten am Samstagnachmittag 17 Athletinnen zu einem ungemein ausgeglichenen, spannenden Wettkampf an. Und Marina gelang gleich im ersten Versuch ein toller Sprung auf 11.85m. Damit egalisierte sie ihre Bestweite aus dem Vorjahr und schuf sich eine scheinbar gute Ausgangslage für einen Platz im Finaldurchgang. Aber auch die Konkurrenz nutzte die guten Bedingungen und wusste mit weiten Sprüngen zu gefallen. Schon bald wurde klar, dass 11.85m nicht für das Finale reichen würden. Marina liess sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen und legte im zweiten Sprung mit genau 12m eine neue p.B. in die Grube. Mit dieser guten Weite belegte sie nach dem zweiten Durchgang aber nur Platz acht. Das Zittern um die angestrebte Finalteilnahme war also noch nicht vorbei und eine weitere Steigerung schien zwingend nötig. Diese Ausgangslage schien Marina aber zu beflügeln und mit einem super Sprung auf 12.07m erkämpfte sie sich den sechsten Zwischenrang nach drei Durchgängen. Ziel erreicht, Finalqualifikation mit neuer persönlichen Bestleistung geschafft! Alles, was jetzt noch kam, war Zugabe, aber mit dieser inneren Zufriedenheit fiel wohl auch die Spannung etwas ab. Mit 11,80m im vierten Versuch gelang zwar noch einmal ein schöner Sprung, aber danach war die Luft verständlicherweise draussen und die fehlenden Trainings- und Wettkampfsprünge machten sich bemerkbar. Trotzdem durfte Marina mit ihrem SM Auftritt und dem 8. Schlussrang in einem starken Feld mehr als zufrieden sein. Es bleibt zu hoffen, dass sie nun ihre ausgezeichnete Form verletzungsfrei in die zweite Saisonhälfte mitnehmen und noch einige Wettkämpfe bestreiten kann. Dann müsste eine weitere Steigerung ihrer Bestleistung möglich sein.
Link zur SM 2024: https://swiss-athletics.ch/de/sm24/